Teil 8 dieser Reihe zur Halbzeit der Berliner CDU-SPD-Koalition im Bildungswesen.

Zur Überraschung vieler in der Stadt haben CDU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart, den Religionsunterricht zum regulären Wahlpflichtfach weiterzuentwickeln. Bisher wird das Fach durch die Religionsgemeinschaften in einem Teil der Berliner Schulen zur freien Wahl angeboten und inhaltlich wie personell von den Religionsgemeinschaften ausgestaltet.

Die Debatte mit der Opposition und Teilen der Stadtgesellschaft über die Notwendigkeit eines Wahlpflichtfachs Religion entsponn sich insofern „erwartungsgemäß“ in der Sache, aber auch bezüglich der sich gegenüber stehenden Akteure.

Es wurde aber auch schnell erkennbar, dass selbst die Koalition noch uneins ist, was die konkrete Umsetzung angeht und wo die nötigen Ressourcen herkommen sollen. Es wurde auch deutlich, dass dieses Vorhaben schwerlich kurzftistig umsetzbar ist (vgl. Podcastgespräche mit Senatorin Günther-Wünsch und der Bildungspolitischen Sprecherin der CDU, Sandra Khalatbari).

Wesentliche Hürden neben zahlreichenden vertiefenden und erweiternden Fragestellungen:

  • Viel zu wenige Religionslehrkräfte (vgl. kleine Anfrage der Grünen-Fraktion), um das Angebot stadtweit unterbreiten zu können.
  • Es gibt im Land Berlin keinen Rahmenlehrplan für den Religionsunterricht. Die Implementierung von Rahmenlehrplänen ist üblicherweise ein Prozess, der sich über mehrere Jahre zieht, so dass eine kurzfristige Abhilfe auch nicht möglich ist.
  • es gibt zahlreiche offene auch schulrechtliche Fragestellungen, beispielsweise die, wer die Leistungen im Rahmen der eigentlich staatlichen Abschlussprüfungen abnimmt, wenn sowohl Inhalte, als auch Personal durch die Religionsgemeinschaften festgelegt und gestellt werden.

Bemerkenswert war insofern die öffentlich stattfindende Debatte zwischen dem Regierenden Bürgermeister, der der Bildungssenatorin das Ziel setzte, das Wahlpflichtfach bis 2026 zu implementieren und der Bildungssenatorin, die dieses Koalitionsvorhaben kurz darauf widerum unter Vorbehalt stellte, unter Anderem, weil ein Rahmenlehrplan und Personal fehlen.

Ein weiteres Mal (beispielsweise auch bei der Frage, ob das „Kitachancenjahr“ eine Vorschule sei) schienen sich der Regierende Bürgermeister und die Bildungssenatorin öffentlich nicht einig, was denn gewollt und möglich sei. Die Sachkunde lag erneut bei der Bildungssenatorin, die Richtlinienkompetenz jedoch beim Regierenden Bürgermeister. Wie es weitergeht wird die Koalition zeigen müssen.

Die Religionsgemeinschaften erwarten vom Senat die Einhaltung des Koalitionsvorhabens, während weite Teile der Stadtgesellschaft von dieser Idee nicht überzeugt sind. In der 2024er-Überarbeitung des Schulgesetzes fand sich der Religionsunterricht als Wahlpflichtfach nicht, jedoch fanden Bedarfserhebungen in den Schulen statt und es gibt verschiedentliche Ankündigungen der Koalition, dass das Vorhaben in der nächsten Schulgesetznovelle aufgegriffen werden soll.

Beitragsbild: Marco Fechner via ideogram.ai