Nachdem in der vergangenen Woche durch den Senat eine faktische Haushaltssperre (auch) für die Schulen verhängt wurde, die (auch) Buchungen von Klassenfahrten betrifft, sofern das mitreisende Personal seine Reisekosten gern vom Arbeitgeber/Dienstherren erstattet haben möchte, ging das große telefonieren, lesen und schreiben los.
Wenn ich nicht hier auf dem Blog podcaste oder schreibe, bin ich unter Anderem an mehreren Schulen ehrenamtlich aktiv, in denen ebenfalls eifrig telefoniert wurde und an deren Telefonketten, Gesprächsrunden und Messengerchats ich beteiligt war. Ähnlich ging es Elternvertretenden anderer Schulen und schulischem Personal aus meinem persönlichen Umfeld. „Betrifft uns das und wie weitgehend?“, „Können wir die Kostenübernahme anderweitig organisieren?“, „Wenn ja, von wo und wie?“ und „Wurde der Antrag der 4a noch vor der Haushaltssperre bewilligt?“ waren wohl die häufigsten Fragen.
Einer meiner häufigsten Gedanken in der zurückliegenden Woche war, dass hier unterm Strich mal wieder gespalten wird in Schulgemeinschaften, die ihren Schulbetrieb irgendwie mit privatem Geld bezuschussen können und solche, die es nicht können. Leidtragende sind insbesondere die Kinder und Jugendlichen, aber auch die Stimmung in den Schulgemeinschaften. Entscheidender Faktor bei der Frage „Klassenfahrt oder nicht?“ ist somit häufig privates Geld, sei es beispielsweise von Fördervereinen oder den Lehrkräften selbst.
Dieses Problem ist an sich nicht neu, wenn man sich anschaut, in welchem Maße Lehrkräfte mit selbst finanziertem Material an ihrem Arbeitsplatz aufwarten oder Fördervereine mit Geld der Eltern für Anschaffungen einspringen, für die eigentlich der Senat oder der Bezirk zuständig sein sollten, aber entlang dieser Entscheidung wurde dieser Zustand erneut besonders sichtbar.
Kurzum: Bis gestern dachten viele wohl noch, dass die Kostenübernahme für die Reisekosten des schulischen Personals die einzige Frage wäre, doch der Senat belehrte die Schulgemeinschaften eines Besseren und ließ sich in der Fragestunde des Abgeordnetenhauses sehr verklausuliert entlocken (der Tagesspiegel hat es dann nochmal recherchiert), dass die Verwaltung von Sozialsenatorin Kiziltepe (SPD) ein Schreiben versandt hat, das die Kostenübernahme für Klassenfahrten für Anspruchsberechtige nach dem Bildungs- und Teilhabepaket für Bewilligungen nach dem 09.10.2024 bis vorläufig 30.11.2024 untersagt. Oder kurz: selbst, wenn die Schulgemeinschaften die Reisekosten für die Lehrkräfte selbst organisieren, darf die Übernahme der Klassenfahrtskosten für Kinder aus armen Familien nicht stattfinden (Bericht des RBB). Klassenfahrten fallen dann aus.
„Berlin kann, Berlin muss und Berlin wird mit weniger Geld gut funktionieren und
das vielleicht sogar besser.“ Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) im Juni 2024
Dass der Senat mit seinen Sparmaßnahmen bei den Jüngsten und innerhalb dieser Gruppe bei den ärmsten 30% anfängt, ist ein bildungs- und auch sozialpolitischer Skandal und das Gegenteil des vom Senat so oft beschworenen „gesellschaftlichen Zusammenhalts“. Der Berliner Senat produziert parteiübergreifend in einer ohnehin schon angespannten Situation in den Schulen weiteren gesellschaftlichen Sprengstoff, indem er die Bildungsungleichheit befeuert, gleichberechtigte Teilhabe verhindert und die Schulgemeinschaften noch mehr als es bisher schon der Fall ist, entlang von Einkommensverhältnissen spaltet. Dass die Haushaltssperre vorerst nur sechs Wochen dauert, ist kein Anlass zur Beruhigung, befinden wir uns doch aktuell genau in dem Zeitfenster, innerhalb dessen die Berliner Schulen ihre Klassenfahrten für das Jahr 2025 buchen. Eine gesamte Klassenfahrtssaison ist somit gefährdet.