Laut Arbeitsgemeinschaft freier Schulen Berlin (AGFS) befinden sich die Schulen in freier Trägerschaft in Berlin in herausfordernden Zeiten: ein neues Finanzierungsmodell steht zur Diskussion, zahlreiche Fragen der Unterstützung und Förderung der freien Schulen seien nach wie vor ungelöst und viele Versprechungen der Politik blieben vage.
Aus diesem Grund lud die AGFS Verantwortliche, Mitarbeitende, Eltern, Schüler:innen freier Schulen und weitere Interessierte für den 15. Oktober in die Katholische Schule St. Paulus, um über die Zukunftsperspektiven der Berliner Schulbildung und insbesondere die der freien Schulen Berlins mit ihren rund 11.000 Schulplätzen ins Gespräch zu kommen.
Moderator Thorsten Wittke moderierte die Podiumsdebatte. Einleitend begrüßten Schulleiterin Agnes Prüfer und Konrektorin Stephanie Utz die Teilnehmenden der Diskussion und die Gäste der Veranstaltung. Sie stellten die Schule vor und würdigten die Leistungen ihrer Mitarbeiter:innen für die Schülerinnen und Schüler nicht „nur“ im schulischen Alltag, sondern auch im Bereich der Inklusion. Hervorgehoben wurde auch die Arbeit bei der Integration von geflüchteten Kindern und die Leistung, die Schule und die Kinder gut durch die Zeit der Pandemie zu bringen.
Teilnehmende an der Debatte des Abend waren die fachpolitischen Sprecherinnen der Abgeordnetenhausfraktionen von CDU (Sandra Khalatbari), SPD (Maja Lasić), DIE LINKE (Franziska Brychcy) und Bündnis’90/Die Grünen (Marianne Burkert-Eulitz) sowie für den Paritätischen Wohlfahrtsverband Torsten Wischnewski.
Es ging um die Frage, was die Koalition bereits erreicht hat, welche Vorhaben noch offen sind, welche Erwartungen die Schulen in freier Trägerschaft haben und auch um die Vorschläge der parlamentarischen Opposition.
Kern der Debatte war die Frage der Finanzierung. Das Land Berlin beteiligt sich an den Kosten der freien Schulen mit 93% der Personalkosten, bemesen an denen der öffentlichen Schulen. Etwas umfangreicher, als hier möglich, habe ich das Thema mit Katja Kleiber (Schulstiftung der EKBO) und Peter Lange (Private Kant-Schulen) im Podcast erörtert (Link). Nicht getragen werden beispielsweise Miet- und Reinigungskosten, was aus Sicht der freien Schulen ein großes Problem darstellt und auch durch die dadurch nötigen Schulgelder Gerechtigkeitsfragen aufmacht, weil sich viele Eltern die Schulgelder nicht leisten können.
Maja Lasić, SPD erklärte, dass man zu einer größeren Annäherung zwischen den freien Schulen und den öffentlichen Schulen kommen wolle. Insofern stellte sie eine Gesprächsbereitschaft in den Raum, wenn es um eine Vollfinanzierung geht, schränkte aber ein, dass diese nicht für Bereiche gelten könne, in denen die freien Träger nicht die gleichen Auflagen erfüllen müssten, wie öffentliche Schulen.
Torsten Wischnewski, Paritätischer Wohlfahrtsverband, stellte dar, dass eine Sachkostenfinanzierung nötig sei. Es gäbe auch Ansätze, dass Fort- und Weiterbildungskosten übernommen werden, aber dass es auch sinnvoll sein könnte, gemeinsam darüber zu sprechen, wie die freien Schulen an den Angeboten des neuen Berliner Landesinstituts für Qualifizierung und Qualitätsentwicklung an Schulen („BLIQ“) teilhaben könnten.
Bisher sehe er hier noch keine Beteiligung jenseits von Erwähnungen „auf den Folien“, aber es hätte noch keine Gespräche gegeben. Er verwies auch auf Sanierungsbedarfe, die bei einem Teil der Schulen in freier Trägerschaft erheblich seien und denen man derzeit nicht gerecht werden könne.
Wie die freien Schulen finanziell besser ausgestattet werden können, beschäftigt auch Franziska Brychcy (DIE LINKE), gleichwohl sie betonte, dass der Fokus der Linkspartei eher auf den öffentlichen Schulen liegt. Sie kritisierte die Koalition dafür, die Haushaltsplanung zuerst aufgestellt zu haben, um nachträglich die Kürzungen vorzunehmen und nicht anders herum.
Es sei schwieriger, Geld wieder „einzusammeln“, als es vorher gar nicht erst auszureichen. Weiterhin kritisierte sie, die Koalition hätte durch dieses Verfahren Rücklagen aufgebraucht, die jetzt benötigt würden und verwies auch auf die nun stattgefundenen Kürzungen bei der Durchführung von Klassenfahrten. Sie stellte die Möglichkeit einer Unterstützung in den Raum, die Finanzierung der freien Schulen gesetzlich anders zu verankern, um die Finanzierung zuverlässiger zu regeln.
Marianne Burkert-Eulitz (Bündnis ’90/Die Grünen) unterstrich die Notwendigkeit von Zuschlägen für Kinder mit Inklusions- und anderen Bedarfen sowie für soziale Durchmischung. Sie würdigte auch die Rolle, die die freien Schulen bei der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern ausfüllen würden.
Sandra Khalatbari (CDU) stellte dar, dass ihre Fraktion eine große Wertschätzung für die Arbeit der Schulen in freier Trägerschaft hätte und dass ihr eine finanzielle Besserstellung wichtig sei. Man würde dies in der Koalition und mit der Senatsverwaltung anschauen, müsse aber bei vielen Detailfragen neben den finanzielle auch rechtliche Fragen abklären, so dass es derzeit noch keine abschließende Lösung gäbe.
Die Teilnehmenden waren sich einig, dass die Ausgleichszahlung von 4,3 Mio. Euro für 2024 (und wohl auch nochmal für 2025), welche durch das Parlament bewiligt wurde, wichtig ist, gleichwohl dies lediglich rund 1% der Gesamtsumme der Finanzierung entspricht.
Auf einen Referentenentwurf der Bildungsverwaltung, der in Arbeit sei und Grundlage des parlamentarischen Verfahrens werden solle, wurde mehrseitig Bezug genommen, allerdings wurden im Zuge der Debatte keine Details bekannt. Zum Ende der Debatte schilderte Torsten Wischnewski den Eindruck, dass sich Parlament und Fachverwaltung einig seien, dass es Handlungsbedarf gäbe und dass bereits das ein Fortschritt sei, schilderte aber auch die Hoffnung auf eine möglichst zeitnahe Lösung und kein weitere Jahre währendes Verfahren.
Eine Teilnehmerin aus dem Publikum erklärte im Anschluss an die Debatte, dass es nicht sein könne, dass (auch) von den freien Schulen erwartet würde, jetzt Einsparungen vorzunehmen, da diese bereits seit Jahren durch die Unterfinanzierung würden sparen müssen.
Weitere Stimmen:
Frank Olie, Vorstandsvorsitzender der Evangelischen Schulstiftung in der EKBO (Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz):
„Die Podiumsdiskussion am 15.10. in der Katholischen St. Paulus Schule zeigte erneut, wie wichtig es für die freien Schulen im Land Berlin ist, mit der Bildungspolitik im Austausch zu sein. Wir begrüßen das Vorhaben, eine Finanzierung für Inklusion und soziale Durchmischung mit in den für Winter angekündigten Referentenentwurf aufzunehmen. Dennoch bleibt es unser Ziel, eine langfristige und nachhaltige Finanzierung der freien Schulen gesetzlich zu verankern. Auch angesichts der angekündigten pauschalen Minderausgaben darf es nicht sein, dass Sachkosten und Kosten für Bau und Sanierung in einem Zuschussmodell enthalten sind.“
Christoph Wildt, Leiter der FRÖBEL Akademie Berlin:
„Freie Schulen leisten wichtige Impulse für eine zukunftsfähige Bildung. Diese Innovationskraft braucht entsprechende Rahmenbedingungen. Es kann nicht angehen, dass freie Schulen jahrelang finanzielle Einbußen hinnehmen mussten und müssen. An die bereits für diesen Herbst geplante Schulgesetznovelle des Landes Berlin haben wir die klare Erwartung, dass die freien Schulen endlich gestärkt werden. Wir fordern eine faire Behandlung der freien Schulen auf Augenhöhe und dass ihre Leistungen in der Berliner Bildungslandschaft anerkannt werden. Die Senatorin hat uns ihre Unterstützung zugesagt. Jetzt müssen Taten folgen.“
Selbstbeschreibung: Die Fröbel Akademie ist eine Fachschule für Sozialpädagogik in freier Trägerschaft. An ihren beiden Standorten, in Berlin und in Köln, bildet die Fröbel Akademie im Rahmen des dreijährigen Fachschulstudiums Sozialpädagogik in berufsbegleitender Form (PIA) Erzieherinnen und Erzieher aus. Als Teil des Bündnisses der Freien Schulen Berlins setzt sie sich für eine bessere Finanzierung ein.