Gemeinsam über Bildung zu sprechen ist herausfordernd, ja geradezu anstrengend. Es stoßen unterschiedliche Vorstellungen von dem, was Bildung sei, aufeinander, dazu die unterschiedlichen Perspektiven von Schüler:innen, Lehrkräften, Eltern und weiteren Akteuren. Es ist oft nicht klar, was nötig, was überhaupt möglich und was optional ist.

Was widerum alle wissen: es läuft nicht. Zahllose Studien belegen die Abhängigkeit der Bildungsschancen eines Kindes vom elterlichen Haushalt, sie belegen, dass es Segregationen zwischen den Schulen gibt und dass die Misere bereits in den Kindertagesstätten anfängt, sofern Kinder es überhaupt dorthin schaffen.

All diese Diskussionen sind wahnsinnig akademisch und allzu häufig auch falsch adressiert. Nein, Herr Precht: der Bundeskanzler entscheidet nicht, ob der Unterricht um 08:00 Uhr oder um 08:20 Uhr beginnt. Genauso wenig entscheidet das Kultusministerium darüber, ob die Kinder 30 oder 40 Minuten Zeit haben, Mittag zu essen, oder ob es Hausaufgaben gibt. Genauso müßig sind Elternabenddebatten darüber, ob dieser oder jener Rahmenlehrplan zielführend ist, oder ob es ein Schulfach „Zähneputzen“ braucht.

Wenn ich die Kitazeit meiner Kinder mitzähle, bin ich seit mittlerweile zehn Jahren in den verschiedensten Elternvertretungen aktiv und stelle immer wieder fest: die Qualität einer Bildungseinrichtung hängt sehr maßgeblich davon ab, ob es eine gute Kommunikation zwischen Bildungseinrichtung, Elternhäusern und Lernenden gibt und die zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass man miteinander spricht, sondern maßgeblich dadurch, dass man eine gemeinsame Sprache findet.

Eine, die nicht „nur“ wertschätzend ist, sondern eine, die es ermöglicht, Konflikte auch auszutragen und zu einem guten Ende zu führen. Eine Sprache, die kenntlich macht: Menschen, Empfindungen und Bedürfnisse. Debatten über „Schule“ sind allzu häufig abstrakt. Das ist nicht ungewöhnlich, da Schulen mit ihren vielen Gremien und Abläufen schon von sich aus abstrakt sind und oft auch sein müssen, aber ich finde, es ist einen Versuch wert, das Eine mit dem Anderen in Ausgleich zu bringen.

Demokratie ist Prozess und Ergebnis gleichzeitig und an wenigen Orten zeigt sich das mehr, als an den Schulen. Das kann befriedigend sein, wenn man gern Steine den Berg hochrollt und frustrierend, weil „Schule“ einfach nie fertig wird. Nach dem Sprachbildungskonzept kommt das Gewaltpräventionskonzept auf den Tisch und über die Handynutzung der Schüler:innen muss auch noch diskutiert werden. Demokratie und  auch die Idee der demokratische Schule sind anstrengend und oft auch zumutend. Sie fordern auf zum mitdenken, mitfühlen und mitmachen.

An wenigen Orten ist das anstrengender, als auf Elternabenden oder in Lehrkräftekonferenzen, aber es lohnt sich, weil man lernt, einander besser zu verstehen und Lösungen zu finden. Und vielleicht sogar eine Sprache, die wertschätzt und die Probleme ernst nimmt, ohne sich ihnen zu ergeben und ohne sie zu überspielen.

Oft werden Dinge dadurch sogar besser oder zumindest weniger schlimm, aber auch erträglicher. Man muss sich drauf einlassen wollen. Abstrakt betriebswirtschaftlich gedacht ist das ziemlich ineffizient, aber als Vater finde ich das durchaus die Anstrengung wert und es geht dabei auch darum, welches Vorbild man Kindern für den Umgang miteinander sein möchte.

Ich gehe dann mal wieder Steine rollen.