Bundesministerin Karin Prien offen für Obergrenze von migrantischen Kindern an Schulen“ titelt die „ZEIT“ heute und den Stammtisch dürfte es freuen. Nachdem die Ministerin jüngst Gendersternchen in ihrem Ministerium verboten hat, scheint die nächste große Baustelle für sie die Migrant*innenquote in Deutschen Schulen zu sein.

Sie könnte sich auch öffentlich mit der Finanzierung der Digitalisierung des Deutschen Bildungswesens, der Umsetzung des kommenden Anspruchs auf Ganztagsschulplätze, oder der desaströsen Finanzlage in der Deutschen Hochschulandschaft kümmern, aber man muss halt Prioritäten setzen.

Sie liegt mit dem Vorstoß gleich mehrfach daneben:

  1. Die Quote von Kindern mit Migrationshintergrund an Schulen sagt erstmal überhaupt nichts über die Leistungen und die Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern aus. Es gibt unter Kindern mit Migrationshintergrund gleichermaßen gute und nicht so gute Schülerinnen und Schüler, wie unter Kindern ohne Migrationshintergrund. Auch aus diesem Grund wird zunehmend drauf verzichtet, die Zuschreibung „Nichtdeutsche Herkunft/ndH“ zu nutzen. In Abrede stellen lässt sich das nur, wenn man entweder glaubt, dass Ausländer einfach weniger intelligent sind, als Deutsche, oder wenn man nicht gewillt ist, Schulen so auszustatten, dass sie mit den Gegebenheiten vor Ort umgehen können.
  2. Fehlende Deutschkenntnisse haben viele Ursachen. Einige davon könnte man mit einem ernstgemeinten Kampf gegen Kinderarmut bekämpfen, aber Gendersternchen und Regenbogenflaggen lassen sich einfach leichter bekämpfen, als Armuts- und Benachteiligungsstrukturen. Man könnte sich auch mit der Fragestellung befassen, weshalb Schulen strukturell nicht in der Lage sind, Kindern mit, aber auch mit Kindern ohne Migrationshintergrund adäquate Bildungsangebote zu machen.
  3. Dass sich Familien mit Zuwanderungsgeschichte beispielsweise in Berlin in bestimmten Bezirken konzentrieren, hat mit der Politik früherer Senate während der Zeit der Arbeiteranwerbung zu tun. Integration war damals schlichtweg nicht gewünscht. Die gleichen Millieus und Parteien, die das damals forciert haben, sind die, die sich heute über Desintegration beschweren. Die Folge sind Stadtteile und Schulen mit einem hohen Migrationsanteil, denen jetzt widerum vorgeworfen wird, sie hätten mit Desintegration und fehlenden Deutschkenntnissen zu tun. Rassistische Politik führt so zu fremdenfeindlichen Strukturen, die dann widerum zu Situationen führen, die fremdenfeindlich instrumentalisiert werden. Das Problem sind nicht die Menschen, die dort wohnen, sondern Bundesminister*innen, die diese Zusammenhänge nicht nur ignorieren, sondern die dadurch entstandenen Situationen für Stimmungsmache missbrauchen.
  4. Für die Zuweisung von Schülerinnen und Schülern an jeweilige Schulen ist nicht der Bund zuständig, sondern die Kommunen. Der Vorstoß ist insofern nicht nur inhaltlicher Unsinn und komplett entkoppelt von der Lebensrealität der Deutschen Gesellschaft des Jahres 2025, sondern die Bundesregierung ist dafür auch nicht zuständig.
  5. Insbesondere im Grundschulbereich gibt es feste Einzugsgebiete. Würde man jetzt nach welchem Parameter auch immer „deckeln“ wollen, müssten Grundschulkinder (bezogen auf Berlin) in Bezirke und Viertel mit niedrigerer Migrationsquote fahren. Oberschüler*innen machen das in Berlin ohnehin schon, aber nicht wegen Quotierungen, sondern aufgrund zu weniger Schulplätze.
  6. Eine gedeckelte „Migrantenquote“ würde insofern auch zu einem Effekt führen, den eine Ministerin, die Migration für ein Problem hält, erstmal erklären müsste: Schulen mit aktuell niedrigerer Migrantenquote müssten sehr viele Kinder mit Migrationshintergrund aufnehmen, bis die Verteilung Stadt- oder Landkreisweit gleichmäßig ist. Viel Spaß bei diesen Debatten in den „gutbürgerlichen“ und oft CDU wählenden Lagen mit Schulen mit deutlich unterdurchschnittlicher Migrationsquote.
  7. „Spannend“ wäre insofern auch die Debatte mit den Bildungsminister*innen der Länder. Die im letzten Jahr schulgesetzlich neu geregelte Konzentration der Förderprognose auf die Fächer Deutsch, Englisch und Mathematik beim Übergang an die Berliner Gymnasien benachteiligt implizit Kinder mit Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache. Der Berliner Schwarz-Rote Senat hat insofern im letzten Jahr faktisch die Migrantenquote an Berliner Gymnasien noch weiter nach unten gesenkt. Dies müsste rückgängig gemacht werden (was wohl der einzig sinnvolle Effekt dieser Quotierung wäre).

Ich prognostiziere, dass eine solche Quote allein schon wegen der Punkte 6 und 7 nicht kommen wird. Dieser Vorstoß passt aber in den Kulturkampf der Bundesregierung gegen Gendersternchen, Regenbogenflaggen, Ausländer, Tofuwürste und für die immer wieder aufgemachte Erzählung, bestimmte Probleme seien vor Allem migrantisch geprägt. Es sind Debatten, die lediglich Stimmung machen, in der Analyse komplett versagen und von den eigentlich anstehenden Aufgaben dieser Bundesregierung ablenken.