Turnusmäßig überarbeitete die Bildungsverwaltung jüngst die Vorgaben für die Personalzuteilung für die Berliner Schulen. Hierbei wurde unter Anderem festgelegt, dass auch die personell vergleichsweise gut ausgestatteten Schulen einen Teil ihrer Personalstunden „umwandeln“ müssen.

Diese Umwandlungsmöglichkeit wurde insbesondere für Schulen in schwieriger Lage geschaffen, die Schwierigkeiten haben, ihren Stellenplan aufgrund des Lehrkräftemangels mit regulären Lehrkräften zu besetzen.

Diesen Schulen sollte es ermöglicht werden, Lehrkräftestunden für andere Professionen aufzuwenden, die den Schulbetrieb anderweitig unterstützen können, beispielsweise Sozialarbeiter:innen oder Logopäd:innen. Die nun gefasste Regelung besagt, dass auch gut ausgestattete Schulen künftig Personalstunden umwandeln müssen. Die Hoffnung ist offenbar, dass die so „frei werdenden“ Lehrkräfte an Schulen mit höherem Lehrkräftebedarf wechseln. Der Tagesspiegel berichtete heute hierüber.

Ebenfalls geplant ist eine Umverteilung von sonderpädagogischen Förderstunden zulasten von inklusiven Grundschulen. Die GEW BERLIN, der Landeselternausschuss, der Grundschulverband, der Verband Sonderpädagogik und das Berliner Bündnis für schulische Inklusion haben diese Entscheidung kritisiert und eine Pressemitteilung hierzu veröffentlicht. Diese enthält auch eine Aufforderung an die Bildungsverwaltung zur Änderung der Entscheidung. Die Pressemitteilung im Wortlaut:


„Die GEW BERLIN, der Landeselternausschuss, der Grundschulverband, der Verband Sonderpädagogik und das Berliner Bündnis für schulische Inklusion haben die geplante Umverteilung sonderpädagogischer Förderstunden zu Lasten von inklusiven Grundschulen kritisiert. „Alle Grundschulen sollen als Grundausstattung pauschal dieselbe Anzahl von Sonderpädagogikstunden erhalten, unabhängig vom Förderbedarf der Schüler*innen an der jeweiligen Schule. Nur über eine Nachsteuerung sollen die Gegebenheiten der Einzelschule berücksichtigt werden. Hierfür gibt es überhaupt kein transparentes Verfahren. Vor diesem Hintergrund ist die Änderung eine Gefahr für die inklusive Entwicklung an den Berliner Grundschulen“, kritisierte Martina Regulin, Vorsitzende der GEW BERLIN. Verändert wird das Verfahren zur Zuweisung von Lehrkräftestunden für die Förderung in den Bereichen Lernen, emotionale/soziale Entwicklung und Sprache.

„Schulen, die überdurchschnittlich inklusiv arbeiten, werden in dem neuen Modell klar benachteiligt werden. Für die sogenannte Nachsteuerung müssten eindeutige Kriterien entwickelt werden, um die Verluste auszugleichen. Ein nennenswerter Vorteil der neuen Vorgehensweise ist nicht erkennbar“, erklärte Norman Heise vom Landeselternausschuss. Er und die Bündnispartner*innen fordern die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie auf, die Planungen zu verwerfen und ein echtes verlässliches Verfahren ohne temporäre oder grundsätzliche Nachteile zu entwickeln.

„Durch den Wegfall der schulspezifischen Förderquote und der Lernmittelbefreiungsquote in der neuen Berechnung erhalten Grundschulen und Grundstufen mit vielen förderbedürftigen und lernmittelbefreiten Schüler*innen grundsätzlich erstmal weniger Personal. Schulen mit einer geringen sozialen Belastung und wenigen Schüler*innen mit Förderbedarf werden hingegen mehr Personal erhalten. Die angekündigte Nachsteuerung ist eine völlig unklare und unsichere Perspektive“, betonte Dr. Ines Garlisch vom Grundschulverband Berlin.

„Die Friedenauer Gemeinschaftsschule wird durch die Pauschalisierung der verlässlichen Grundausstattung mehr als eine Vollzeitstelle verlieren. Als besonders engagierte Schule im Bereich der Inklusion ist das für uns sehr demotivierend. Schulen, die weniger dazu beitragen, werden dazugewinnen. Das ist ungerecht“, kritisierte Uwe Runkel, Vorsitzender des Verbandes Sonderpädagogik.

„Die Bildungschancen von Kindern mit Förderbedarfen im Lernen, in der emotionalen/sozialen Entwicklung und Sprache werden sich durch die neuen Zumessungen weiter verschlechtern. Das Land Berlin ist entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet, allen Kindern einen hochwertigen inklusiven Unterricht und notwendige Unterstützung anzubieten. Dieser Verpflichtung wird das Land Berlin nicht gerecht“, erläuterte Janine Schott vom Berliner Bündnis für schulische Inklusion.

Alle Bündnispartner*innen fordern eine breite Beteiligung der Betroffenen und der schulischen Gremien mit ausreichendem Vorlauf. „Änderungen, die massive Auswirkungen auf die Umsetzung der inklusiven Schule in Berlin haben, werden im Schnellverfahren und ohne breite Beteiligung vorgenommen. Das ist ein völlig inakzeptables Vorgehen. Ohne den Einbezug der Betroffenen und Expert*innen können keine nachhaltigen Lösungen gelingen“, erklärte Heise. Das bisherige Modell der verlässlichen Grundausstattung an Grundschulen wurde nach intensiven und mehrjährigen Beratungen im Beirat und im Fachbeirat Inklusion zum Schuljahr 2017/ 2018 eingeführt. „Das Ergebnis dieses demokratischen Prozesses will die Verwaltung nun mit einem Federstrich zurückdrehen“, kritisierte Regulin.“