Diskriminierung in Berliner Schulen und die Rollen der Bildungssenatorin und des Bildungsausschusses.

Nachdem die vergangenen Wochen unter Anderem wegen einer Ausschussreise nach Finnland und Estland sitzungsfrei waren, waren die Tagesordnung und die Presselage des Bildungs- Jugend und Familienausschusses des Abgeordnetenhauses diesmal umso voller.

Die Tagesordnung gab unter Anderem eine Anhörung von Expert:innen zum Stand der Inklusion an den Berliner Schulen her, aber auch darüber hinaus lagen Themen in der Luft:

Aus einer Berliner Grundschule gab es Beschwerden über mutmaßlich schwulenfeindliche Beleidigungen gegenüber einem Lehrer, die zwischenzeitlich auch die Medien erreichten und darüber hinaus die die Bildungssenatorin mit der Frage konfrontierten, ob sie entschieden genug auf die Vorwürfe reagiert hätte und wenn ja, wie. Der „Tagesspiegel“ stellte die Notwendigkeit eines Rücktritts der Senatorin in den Raum, sollte diese nicht entschiedener an der Aufklärung des Falls arbeiten.

Es war zu erwarten, dass dieses Thema zur Sprache kommen wird. Ebenfalls war zu erwarten, dass „die Verwaltung“ (wenn es wirklich den konkreten Fall betrifft, berechtigterweise) diese Auskunft hierzu mit Verweis auf eine „Personaleinzelangelegenheit“ an irgendeinem Zeitpunkt beenden wird/muss, wie es die Bildungsverwaltung auch in der Vergangenheit immer wieder getan hat.

Besonders interessiert hat mich deshalb, an welchem Punkt der Debatte dieser Grund vorgetragen wird und ob der Ausschuss und die Senatorin angesichts vieler Diskriminierungsfälle an den Berliner Schulen der vergangenen Jahre (von denen es die meisten aber nicht bis in die Medien „schaffen“) an einen Punkt kommen, an dem sie feststellen, dass Diskriminierung mehr als eine „Personaleinzelangelegenheit“ ist. Darüber hinaus hat mich interessiert, welche Tonalität der Ausschuss in der Sache anschlägt.

Vor dem Abgeordnetenhaus demonstrierten im Zusammenhang mit der schulischen Inklusion verschiedene Initiativen und Betroffenenverbände und auch im Saal schien die Stimmung angespannt (ich habe die Sitzung im Livestream verfolgt). Als Gäste anwesend waren die Senatorin selbst und alle drei Staatssekretär:innen. Die Besucherreihen schienen gut gefüllt zu sein.

Es „versprach“ von vornherein, keine reguläre Sitzung zu werden und das wurde sie auch nicht. Ausschusssitzungen sind Arbeitssitzungen und insofern nicht auf Zuspitzung, sondern eher auf Detailarbeit und Abwägung ausgelegt.

Diese Sitzung bündelte aber etliche Debatten und Stile, die auch in der Vergangenheit zu beobachten waren, wie im Brennglas, so dass ich mich entschieden habe, darüber zu schreiben. Ich teile meinen Bericht in zwei Teile auf.

Der nächste Bericht wird sich mit der Debatte zur Inklusion an Berliner Schulen beschäftigen, der Heutige im Wesentlichen mit dem genannten mutmaßlichen Diskriminierungsvorfall und mit meinen Beobachtungen zur Debatte im Ausschuss. Der komplette Mitschnitt der Ausschusssitzung findet sich hier.

In der Sitzung zu beobachten waren unter Anderem eine Senatorin, die ihre Rolle immer wieder überschritt, eine Ausschussvorsitzende, die ihre Rolle nicht fand, ein Ausschuss, dem stellenweise nicht klar zu sein schien, was die Stimmung im Saal ist und eine Bildungsverwaltung, bei der man sich auch in dieser Sitzung mal wieder fragen musste, was ihr Selbstverständnis ist.

Die Ausschussvorsitzende Khalatbari (CDU) begrüßte die Ausschussmitglieder sowie die Senatorin und ihre Staatssekretär:innen. Der schulpolitische Sprecher der Grünen, Louis Krüger, erhielt Geburtstagsglückwünsche der Ausschussvorsitzenden im Namen des Ausschusses und nach ein paar obligatorischen Feststellungen zur Tages- und Geschäftsordnung ging es in die Tagesordnung über.

Aktuelle Viertelstunde.

Die Fraktionen dürfen Fragen an die Senatorin und ihre Staatssekretär:innen richten, ohne, dass für jede einzelne ein eigener Tagesordnungspunkt benötigt wird. Der Ausschuss gibt sich damit die Möglichkeit, sich zu aktuellen Geschehnissen berichten zu lassen.

Marcel Hopp (SPD) wollte wissen, wie die Senatorin mit den oben genannten und in den Medien berichteten Vorfällen an einer Berliner Grundschule umgehe. Da war es, das Thema. Weiterhin bat Marcel Hopp um Auskunft, seit wann der Bildungsverwaltung diese Vorwürfe bekannt seien und wie darauf reagiert wurde.

Die Senatorin erklärte hierzu, dass sie sich „in den letzten Tagen in Kenntnis gesetzt habe“, sie könne aber „nicht ausschließen, dass es darüber hinaus weiteren Schriftverkehr, Protokolle, Gesprächsnotizen, oder andere Hinweise gibt.“

Anfang Juli 2024 hätte sich der Rechtsanwalt der Lehrkraft mit einem Auskunftsersuchen an die Schulleitung gewandt, die dieses an die Schulaufsicht weitergegeben hätte. Weiterhin wurde das Auskunftsersuchen an das Justiziariat der Bildungsverwaltung gegeben.

Im September 2024 richte der Rechtsanwalt nach eigener Aussage gegenüber der Bildungsverwaltung eine Beschwerde nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein. Diese ging abhanden, oder kam nicht an, so dass diese Ende Oktober 2024 erneut vom Anwalt eingereicht wurde. Für diese Beschwerde ist eine andere Stelle im Haus zuständig, als für die Beschwerde vom Juli 2024. Die zuständige Stelle antwortete auf das Schreiben von Ende Oktober 2024 zweieinhalb Monate später, also Mitte Januar 2025.

Die Beschwerdestelle kam laut Bildungssenatorin zum Ergebnis, dass „weder eine Benachteiligung wegen des Geschlechts, noch wegen der sexuellen Identität“ vorgelegen habe.

Jedoch: laut Medienberichten beklagt die Lehrkraft eine Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und keine aufgrund des Geschlechts, oder der sexuellen Identität. Warum die Bildungsverwaltung etwas geprüft hat, was nicht vorgeworfen wurde, oder ob die Medienberichterstattung falsch war, konnte in der Sitzung nicht abschließend geklärt werden. Die folgenden Ausführungen der Senatorin unterstellen Letzteres.

Die Senatorin erklärte, dass sie nach Bekanntwerden der Vorwürfe in den Medien (19.05.25) keine Stellungnahme abgegeben hätte, um nicht „aus Unkenntnis des gesamten Sachverhalts Forderungen zu erheben oder sogar falsche Tatsachen zu behaupten.“ Zwischenzeitlich (05.06.2025) liege ihr eine umfassende Dokumentation der Vorgänge vor.

In dieser „[…] ergibt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen den in der öffentlichen Berichterstattung dargestellten Vorwürfen zu denen gegenüber der Schulleitung, der Schulaufsicht und der Bildungsverwaltung geäußerten Vorwürfen.“ […]

„Der in den Medien erhobene Vorwurf der homophoben Diskriminierung durch die Schülerschaft trifft zumindest nicht den Wesenskern des vom Rechtsanwalt gegenüber diesen Stellen vorgebrachten Sachverhalts.“, so die Senatorin.

Da es sich um eine Personaleinzelangelegenheit handele, könne sie aber in einem öffentlich tagenden Ausschuss keine detaillierte Auskunft hierzu geben. Da war sie, die „Personaleinzelangelegenheit“.

Ob es sinnvoll ist, dass eine Behörde, gegen die Vorwürfe erhoben werden, diese selbst ermittelt und dass sich die Senatorin ausschließlich auf die Aktenlage ihrer betroffenen wie ermittelnden Behörde beruft, war vorerst kein Thema.

Vorerst erklärte die Senatorin den Abgeordneten, wie sie ihren Job zu machen hätten, auf welcher Basis zu diskutieren sei, wies sie auf ihr im Artikel 45 der Verfassung von Berlin festgehaltenes Recht auf Akteneinsicht hin und erhob implizit den Vorwurf, die Abgeordneten würden die gebotene Ernsthaftigkeit vermissen lassen.

Dass im gleichen Artikel 45 der Verfassung des Landes Berlin ebenfalls geschrieben steht, „Das Fragerecht wird durch schriftliche Anfragen und spontane Fragen ausgeübt.“, dass das Recht der Abgeordneten, Fragen zu stellen, wie sie es hier getan haben, somit weder infrage zu stellen ist, noch durch den Senat ein anderes Verfahren (in diesem Fall die Akteneinsicht) anzuzeigen ist, sondern dass Abgeordnete die Wahl ihrer Mitel selbst entscheiden, spielte bei dieser Aufforderung mutmaßlich keine Rolle.

Nach einer im Duktus ähnlichen Maßregelung von Abgeordneten erhielt die Bildungssenatorin im September 2024 im Plenum des Abgeordnetenhauses im Rahmen der Debatte um die politische Bildung im Land Berlin einen Ordnungsruf der Abgeordnetenhauspräsidentin.

Für die Maßregelung der Volksvertretung sei nicht die Landesregierung zuständig. Die Ausschussvorsitzende Khalatbari (CDU) ließ die Sitzung vom Donnerstag hingegen unkommentiert weiterlaufen.

Die Senatorin holte noch weiter aus und stellte mit Blick zu den Abgeordneten heraus, dass „Verallgemeinerungen und Diffamierungen der Schulgemeinschaft, die im Ergebnis zu einer Stigmatisierung der gesamten Schulgemeinschaft geführt haben“ nicht helfen würden.

Jedoch: die Frage des Abgeordneten lautete, wie die Senatorin mit den in den Medien berichteten Vorfällen an einer Berliner Grundschule umgehe.

Warum aus der Antwort der Senatorin bezüglich ihrer Arbeit an diesem Fall ohne Not eine Belehrung gegenüber den Abgeordneten wurde, blieb unklar. Der Vorwurf, die Abgeordneten würden mit ihren Fragen zur Arbeit der Senatorin die Schulgemeinschaft stigmatisieren, wirft jedenfalls kein gutes Licht auf die vorgetragenen Aufklärungsbemühungen der Senatorin.

In der Folge stellte die Senatorin dar, dass die Schule seit 2021 diverse Schulentwicklungsvorhaben absolviert hat, die unter Anderem den schulischen Ganztag, Raumplanungen, die Schulsozialarbeit, die Digitalisierung, die interreligiöse Arbeit und Anderes umfassen. Was das allerdings noch mit der Ausgangsfrage zu tun hatte, erschließt sich nicht. Die Senatorin bescheinigte einem Abgeordneten der Grünen (in dessen Wahlkreis die Schule liegt) jedoch noch, die Vorhaben der Schule „konstruktiv“ zu begleiten.

Die Senatorin bat darum, die Schulgemeinschaft „zur Ruhe kommen zu lassen“, damit diese ihre Schulentwicklungsvorhaben weiterhin umsetzen kann und stellte dar, dass sie das Gespräch unter Anderem mit der Gesamtelternvertretung suchen wird.

Sie „kann durchaus verstehen, dass Berichterstattung, so, wie sie stattgefunden hat, zu Empörung führen kann. Unsere gemeinsame Aufgabe von Parlament und Exekutive ist es aber, lösungsinteressiert und insbesondere in den Interessen unserer Schulen und der ihnen anvertrauten Kinder hier zu arbeiten.“

Dass es im Ausschuss verschiedene Interpretationen davon geben kann, was das „Interesse unserer Schulen und der ihnen anvertratuen Kinder“ auch in einem solchen Zusammenhang ist, schien in den Ausführungen der Senatorin keine Rolle zu spielen.

Sie stellte erneut die Möglichkeit der Akteneinsicht in den Raum. „Ohne innehalten, informieren und nachdenken wird hier niemand seiner Verantwortung gerecht werden.“ […]„Und es ist an jedem von uns, sich selbst zu prüfen und zu entscheiden, ob er diese Komplexität durchdringen möchte, oder nicht; Ich für meinen Teil habe diese Entscheidung getroffen, deswegen habe ich nicht sofort reagiert, sondern habe mich entlang der gesamten Aktenlage auseinandergesetzt […].“

Es ist eine Verkehrung von verfassungsmäßig verbrieften Rollen, wenn ein Regierungsmitglied die Arbeit von Abgeordneten beurteilt, oder wenn parlamentarische Anfragen mit dem Vorwurf in Verbindung gebracht werden, diese würden den Schulfrieden stören und eine Schule dabei behindern, „zur Ruhe zu kommen“.

In den Raum zu stellen, die Ausschussmitglieder hätten nur ein mangelhaftes Interesse an der „Auseinandersetzung mit Komplexität“, wenn sie das Mittel der Akteneinsicht nicht priorisieren, wirft die Frage auf, wie ernst es die Senatorin denn hält mit der verfassungsrechtlich verbrieften Eigenständigkeit der Parlamentarier:innen, mal abgesehen von der Respektlosigkeit gegenüber dem Parlament und den in ihm Wirkenden, die in solchen Sätzen mitschwingt.

Dass eine Senatorin, die mit Diskriminierung in ihrem Geschäftsbereich konfrontiert ist, auf eine solche Weise reagiert, wirft schon jenseits rein fachlicher Fragen kein gutes Licht auf die Frage, wie sie und ihre Verwaltung mit dem sensiblen Thema Diskriminierung und mit Betroffenen umzugehen bereit sind.

Dass eine Vorsitzende eines Parlamentsausschusses einen solchen Umgang mit den Mitgliedern ihres Ausschusses und ihren in der Landesverfassung verbrieften Rechten sowie die mehrfache Rollenüberschreitung eines Senatsmitglieds unkommentiert lässt, wirft kein gutes Licht. Als Bürger befremdet mich das.

In einer Nachfrage stellte Marcel Hopp (SPD) dar, dass es ähnlich lautende Schilderungen zu Diskriminierungen auch von anderen Lehrkräften der Schule und dass Derartiges auch an anderen Schulen auftritt und wollte wisen, „welche Konsequenzen durch die Senatsbildungsverwaltung aus den durch diese zahlreiche Beschwerden offenbar gewordenen systematischen Problem der Leitungs- und Aufsichtsstrukturen gezogen werden, um solche Fälle künftig zu vermeiden und im Sinne der Betroffenen zu behandeln.“

Die Senatorin „warnte“ davor, „von einem kollektiven Versagen des Systems oder einem Nichtarbeiten der zuständigen Stellen“ zu sprechen. Sie stellte den Verlauf des genannten Vorgangs nochmal dar. Sie stellte ebenfalls dar, dass die Antidiskriminierungsbeauftragte des Hauses nicht mehr tätig werden könne, sobald ein Rechtsbeistand eingeschaltet worden sei. Dies sei dem Rechtsbeistand des Betroffenen auch mitgeteilt worden.

Sie stellte zudem in den Raum, dass vor einer Schaffung weiterer Instanzen (die jedoch niemand gefordert hat), das „geschaffene Dickicht, das wir bereits haben, nicht eher gelichtet und für Betroffene übersichtlicher gestaltet werden sollte.“ Sie möchte hierzu eine noch ausstehende Evaluation des AGG durch die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung (SenASGIVA) abwarten.

Sie sei „bereit, über den Fall zu sprechen“, wenn die Abgeordneten Akteneinsicht genommen hätten. „Von einer massiven Beschwerdelage könne man nicht sprechen“, das weise sie von sich und das sei „der Verwaltung auch nicht bekannt.“

Der Abgeordnete Louis Krüger (Bü’90/Grüne) stellte hierzu dar, dass es nicht nur „um diesen Einzelfall, oder die konkrete Schulgemeinschaft“ gehe, sondern um die Frage, warum ein solcher Vorfall nicht dazu führt, dass der Lehrkraft geholfen wurde und warum die Senatorin sich nach eigener Auskunft erst in den letzten Tagen damit befasst habe. Der Hinweis auf das Recht auf Akteneinsicht reiche ihm insofern nicht, zudem er die Senatorin in der Verantwortung sähe „für die Beschäftigten da zu sein und kontinuierlich zu prüfen, ob die Strukturen funktionieren“.

In ihrer Antwort stellte Senatorin Günther-Wünsch (CDU) dar, dass ein an sie persönlich gerichtetes Schreiben sie im Dezember 2024 erreichte. Dieses beinhaltete eine Beschwerde nach dem AGG und wurde an die zuständige Stelle im Haus weitergereicht, welche innerhalb von 4 Wochen geantwortet hat. Sie sieht sich ihrer Verantwortung damit als nachgekommen an und stellte erneut heraus, das sie das „Dickicht aus verschiedenen Zuständigkeiten“ in einer Diskussion mit dem Abgeordnetenhaus aufzulösen bereit ist und wies von sich, dass sie das Abgeordnetenhaus aufgefordert hätte, den Fall zu lösen.

In seiner Nachfrage wollte Louis Krüger (Bü’90/Grüne) wissen, weshalb ihr Haus trotz der „offenbar zunehmenden Fälle von Antisemitismus und Queerfeindlichkeit“ diese Fälle nicht erfasst und warum Trägern und Projekten, die in diesen Bereichen arbeiten, mit dem aktuellen Doppelhaushalt die Mittel gekürzt werden und warf ihr vor, hierfür die politische Verantwortung zu tragen.

Antwort der Senatorin:

„Ich würd gern wissen, woher Sie die Kenntnis haben, dass wir „offensichtlich“ in dieser Stadt ein Problem haben; dann werden sie auch datenbasiert und valide das darlegen können. Diese Daten werden in der Bildungsverwaltung nicht erfasst.“

Sie stellte heraus, dass es die aktuelle Koalition gewesen sei, die den Posten der Antidiskriminierungsbeauftragten nach langer Vakanz überhaupt wieder besetzt habe. Hierauf entspann sich ein Wortwechsel zwischen Louis Krüger und der Senatorin, bei dem Louis Krüger nicht zu verstehen war, die Senatorin sich aber zur Frage genötigt sah, ob „eigentlich nur Abgeordnete reinreden dürften“, woraufhin die Ausschussvorsitzende den Abgeordneten ermahnte und der Senatorin das Wort erteilte. Diese stellte erneut auf den besprochenen Einzelfall ab, rief die Abgeordneten auf „seriös zu bleiben“ und warf ihnen vor, den Fall „auf eine sehr populistische Art“ zu nutzen, um „Verallgemeinerungen und Pauschalisierungen“ herzustellen und kritisierte die Abgeordneten, diese würden die Haushaltskürzungen „skandalisieren“.

Hörtipp: mit dem früheren Antidiskriminierungsbeauftragten der Bildungsverwaltung, Dervis Hicarci, sprach ich 2022 im Podcast darüber, weshalb er von diesem Posten zurückgetreten ist und warum ein Beauftragter für 800 Schulen aus seiner Sicht nicht ausreichend ist, um dem Problem der Diskriminierung und des Mobbings gerecht zu werden.

Weshalb die Besetzung des Postens so lange nicht möglich war, hat der Tagesspiegel ausführlich recherchiert.

Franziska Brychcy (DIE LINKE) hatte Fragen zu einem Vorgang an zwei Pankower Schulen, bei dem es um Inklusion ging. Hierzu im nächsten Beitrag mehr, der sich mit den Tagesordnungspunkten zur Inklusion der Ausschusssitzung befassen wird.

Der CDU-Abgeordnete Lars Bocian stellte im Rahmen der seiner Fraktion zustehenden Frage fest, „dass das Thema Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler immer wichtiger wird und damit auch die Zusammenarbeit zwischen den Bildungseinrichtungen und den Stakeholdern“, wie den Kammern. Vor Kurzem hätte die Bildungsverwaltung eine Vereinbarung mit der IHK Berlin geschlossen und er wolle wissen, worum es in dieser ginge und was geplant sei.

Staatssekretärin Christina Henke (CDU) las hierauf vor, worum es sich hierbei handele, wer die Akteur:innen seien und wie die Aufgabenverteilung aussähe.

Dass Koalitionsabgeordnete (unabhängig von der jeweiligen Koalition) Fragerunden nutzen, um den eigenen Senatsmitgliedern Fragen zu stellen, anhand derer diese ihre Erfolge in der Öffentlichkeit herausstellen, ist nichts Ungewöhnliches, diese Choreografie wirkte an diesem Tag aber in der Tat noch deplatzierter, als sonst schon.

In der vorgetragenen Erklärung der Staatssekretärin fanden sich auch keine wesentlichen Informationen, die der Abgeordnete der Presseerklärung der Senatsbildungsverwaltung vom 21.05.2025, der diesbezüglichen Pressemitteilung der IHK Berlin und dem Instagram-Posting des Social Media-Teams der Bildungsverwaltung vom 26.05.2025 nicht bereits hätte entnehmen können.

Die AfD wollte wissen, wann die Bildungsverwaltung den Personalschlüssel im U3-Bereich der Kitas anpasst. Staatssekretär Liecke (CDU) erklärte, dass dies im Rahmen der nächsten Gesetzgebung vorgenommen wird, zum 01.01.2026 in Kraft tritt und dass die Verbesserung in zwei Schritten zum 01.01.2026 und zum 01.08.2026 kommen wird.

Fazit

Der Umgang mit Diskriminierung und den von ihr Betroffenen erfordert Feinfühligkeit, Zugewandtheit und eine Offenheit für andere Perspektiven, als die Eigene. Wenn ein Vorgang so weit eskaliert, dass er der parlamentarischen und öffentlichen Debatte „anheim fällt“, gilt das umso mehr, da es dann nicht mehr nur um die sachliche Bearbeitung geht, sondern auch darum, Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der Aufklärung, die Zugewandtheit gegenüber Betroffenen und den Respekt vor anderen Perspektiven zu unterstreichen, der bisweilen notwendig ist, um Diskriminierung überhaupt erst erkennen zu können.

Es bleibt bei mir nach diesem Teil der Sitzung der Eindruck einer Senatorin zurück, die die Maßstäbe für die Kontrolle ihrer Arbeit selbst setzen möchte und dabei so weit geht, dass sie dem Parlament vorgeben möchte, mit welchen seiner ihm zustehenden Mittel es doch bitte zu arbeiten habe.

Ebenfalls bleibt die Frage zurück, weshalb die Ausschussvorsitzende einen solchen Umgang mit dem Ausschuss und seinen Mitgliedern hingenommen hat. Es wäre Spekulation, dass die Personalunion aus Ausschussvorsitz, bildungspolitischem Sprecheramt und Mitgliedschaft in der Regierungsfraktion der Senatorin dazu beigetragen hat, sie erscheint mir aber als zu hinreichende Möglichkeit, als dass sie hier nicht unerwähnt bleiben kann. Dieser Eindruck nahm im weiteren Verlauf der Sitzung (Bericht in Kürze) auch nicht ab, sondern eher noch zu.

Das Agieren der Senatorin und letztlich auch das der Ausschussvorsitzenden überstrahlen letztlich auch sämtliche vorgetragenen Sachargumente, da sie die genannte Feinfühligkeit, Zugewandheit und Offenheit für andere Perspektiven infrage stellen.