Im vergangenen Schuljahr war ich mehrmals an dem Punkt, meine Ehrenämter und auch diesen Blog inclusive Podcast aufzugeben. Das Anstrengende ist weniger der zeitliche, oder inhaltliche „Aufwand“ (der läuft eher unter „anspruchsvolles Hobby“), als vielmehr die gesellschaftliche Umgebung des Ganzen.

Welchen Sinn ergibt es, sich an Schulen und auch im Blog und Podcast für ein besseres Miteinander und Lösungen für komplexe Themen einzusetzen, wenn sich Präsidenten, Kanzler und Medienschaffende mit ihren Reichweiten regelmäßig benehmen wie die Axt im Wald und so tun, als gäbe es einfache Antworten, die vor Allem dazu führen, dass Menschen gegeneinander in Stellung gebracht werden?

Wenn einzelne, sehr reiche Akteure, sich Retortenmedien finanzieren, um die Öffentlichkeit gezielt aufzupeitschen? Wenn Armutbetroffenen in Medienkampagnen monatelang vorgerechnet wird, dass sie zu viel kosten, während ein ehemaliger Gesundheitsminister konsequenzlos von seinem Milliardenskandal ablenkt? Wenn das immer breiter propagierte Menschenbild Menschen komplett eindimensional auf ihren betriebswirtschaftlichen Nutzen reduziert und die Frage nicht mehr ist „Wie kann das Leben für alle voraussetzungslos verbessert werden?“. 

Welchen Sinn ergibt es, sich (und anderen) über Armutsbekämpfung den Kopf zu zerbrechen, wenn die immer breitere Erzählung sein soll, dass Armutsbetroffene ohnehin selbst Schuld an ihrer Situation sind und sich deshalb gefälligst auch selbst zu helfen haben? Wenn Forderungen nach Gleichstellung damit beschieden werden, dass es dann jetzt auch mal genug wäre mit irgendwelchen Randgruppeninteressen?

Welchen Sinn ergibt es, sich darüber einen Kopf zu machen, mit welchen Instrumenten man Kindern, Jugendlichen und Familien helfen kann, wenn die aktuelle Politik in eine Richtung führt, in der wir uns in ein paar Jahren entscheiden müssen, ob wir die selbstgesteckten Ziele bei der Rüstung, oder die Renten einer überalternden Gesellschaft finanzieren?

Es ist entmutigend und ich habe es insbesondere im letzten Jahr auch von anderen sehr engagierten Menschen in meinem Umfeld gehört, dass sie zweifeln. Menschen, die ich nicht dafür kenne, an ihrem Engagement selbst zu zweifeln.

Ich war erschöpft, brauchte Urlaub und schleppte mich durch die letzten Schulwochen, während schon wieder die nächsten Themen anklopften und Antworten und Vorbereitungen bereits fürs nächste Schuljahr forderten.

Jetzt, Ende August sind diese Fragen immer noch nicht weg, aber die Überzeugung wieder da, dass aufzugeben keine Option ist. Dass es breiter aufgestellte gesellschaftliche Allianzen für mehr Menschlichkeit braucht und dass Forderungen nach einem Schleifen des Sozialstaats und der gesellschaftlichen Solidarität entschieden zurückzuweisen sind.

Dass man sich nicht entmutigen lassen darf von Leuten, die jede Gelegenheit zur Spaltung nutzen, während sie Widerspruch als Spaltung zurückweisen und irgendeine „Neutralität“ einfordern. Bei Angriffen auf Menschenrechte, Menschenwürde und auf die Gleichheit der Menschen gibt es keine Neutralität.

Dass „Der Handwerker um die Ecke“, dessen Arbeitnehmer:innen und armutsbetroffene Familien keine Konkurrenten sind, sondern gleichermaßen Betroffene der aktuellen Lage(n). Dass es drum gehen muss, allen da zu helfen, wo sie Hilfe brauchen, wenn sie sie brauchen und dass die, die geben können (dazu zähle ich auch mich entlang von zeitlichen Kapazitäten auch) das auch tun sollten.

Ich werde die letzten Urlaubstage noch mit Wanderungen und paddelnd auf dem Kanal verbringen.

Nächste Woche geht`s dann in Berlin weiter.